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Zuverlässigkeitsvoraussetzungen für Wachpersonen

Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte über den Antrag eines die Beschäftigung als Wachperson anstrebenden Mannes zu entscheiden, der mit seinem Antrag begehrte, den Antragsgegner zu verpflichten, festzustellen, dass er zuverlässig im Sinne von § 34a GewO ist.

Sachverhalt

Der Antragsteller verfolgt das Ziel, im Gewerbebetrieb der Firma M (vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache) als Wachperson arbeiten zu dürfen. Dazu bedarf es einer positiven Feststellung seiner Zuverlässigkeit durch die zuständige Behörde und Mitteilung hierüber an den Gewerbetreibenden, ohne die der Antragsteller nicht als Wachperson beschäftigt werden darf, vgl. § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 GewO, § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 BewachV.

Statthaft ist insoweit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO. Ob es auch der Aufhebung der Mitteilung des Antragsgegners vom 20. September 2023 über die Unzuverlässigkeit des Antragstellers bedarf, ist davon abhängig, ob diese als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.

Normen und Leitsatz

BewachV – § 16

GewO – § 34a

Von einer im Bewachungsgewerbe tätigen Person muss erwartet werden, dass sie die Rechtsordnung nicht nur während ihrer Berufsausübung, sondern auch im privaten Bereich beachtet (nichtamtlicher Leitsatz).

Verwaltungsgericht Potsdam, Beschl. v. 21.12.2023 – 3 L 857/23

Aus den Gründen

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Begehrt ein Antragsteller die Vorwegnahme der Hauptsache, kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur in Betracht, wenn ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Rechtsschutzsuchenden andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Kein Anordnungsgrund vorhanden

Der Antragsteller hat bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Es ist weder vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass die begehrte Mitteilung über die Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers zur Abwendung schwerwiegender, irreversibler Nachteile nötig erscheint.

Soweit der Antragsteller lediglich vorträgt, ihm sei einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen könne, ist ihm zuzumuten, entsprechend der gesetzlichen Konzeption von der begehrten Tätigkeit abzusehen und seinen Lebensunterhalt auf andere Weise zu bestreiten, solange er die erforderliche behördliche Bestätigung nicht erstritten hat.

Ungeachtet dessen hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Mitteilung einer positiven Beurteilung seiner Zuverlässigkeit gemäß § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 GewO zusteht. Nach dieser Vorschrift dürfen mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigt werden, die die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen.

Unzuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe

Durch Verweisung in § 34a Abs. 1a Satz 6 auf Abs. 1 Satz 4 GewO werden die dort geregelten Gründe für die Unzuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe für das Bewachungspersonal entsprechend für anwendbar erklärt. Zwar liegt hier keiner der in § 34a Abs. 1 Satz 4 GewO genannten Tatbestände vor, bei deren Vorliegen in der Regel die Unzuverlässigkeit anzunehmen ist. Die Vorschrift lässt jedoch die Möglichkeit offen, die Unzuverlässigkeit auf andere, hier nicht ausdrücklich benannte Tatbestände zu stützen.

Nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung seines Berufs und die Einhaltung der Rechtsordnung bietet. Das Merkmal der Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Vorliegend rechtfertigt der der Verurteilung durch das Amtsgericht T wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz zugrunde liegende Sachverhalt die Prognose der Unzuverlässigkeit des Antragstellers für die Tätigkeit als Wachperson.

Mangelnde Impulskontrolle

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts T hat dieser entgegen der gegen ihn erlassenen einstweiligen Anordnung Kontakt zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin aufgenommen, indem er ihr eine Textnachricht schrieb und sie einen Tag später anrief. Der Antragsteller wurde zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt.

Die Tat offenbart, dass es dem Kläger an einer für die Tätigkeit als Bewachungsperson notwendigen Impulskontrolle mangelt. Indem er sich über die gerichtliche Anordnung der Kontaktsperre hinweggesetzt hat, hat er seine Bereitschaft, rechtliche Grenzen zu überschreiten, unter Beweis gestellt.

Deeskalierendes Auftreten unerlässlich

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass Beziehungskonflikte, die der Tat zugrunde gelegen haben, in besonderer Weise emotionsbeladen sein können. Gerade im Bewachungsgewerbe ist jedoch ein besonnenes, deeskalierendes Auftreten in Konfliktsituationen zum Schutz der Allgemeinheit unerlässlich und potenzielle Gewaltgeneigtheit fehl am Platz.

Von einer im Bewachungsgewerbe tätigen Person muss erwartet werden, dass sie die Rechtsordnung nicht nur während ihrer Berufsausübung, sondern auch im privaten Bereich beachtet. Insofern sind die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, auch gewerbebezogen.

Stalking-Vorwürfe

Allein durch den geltend gemachten Zeitablauf seit der Tat oder durch die behauptete geringe Intensität der Straftat werden die Bedenken gegen die Unzuverlässigkeit des Antragstellers nicht aufgewogen. Vielmehr bestärken die gegen ihn erhobenen Stalking-Vorwürfe im Vorfeld der einstweiligen Anordnung die Zweifel an seiner Fähigkeit zur gewalt- und bedrohungsfreien Konfliktlösung.

So soll er nach den Angaben seiner ehemaligen Lebensgefährtin unter anderem geäußert haben, dass „das Ganze für sie kein gutes Ende nehmen“ würde und sie „für alles bezahlen“ werde. Ausweislich des Schlussberichts der Polizei ging auch diese nach Auswertung des Sachverhalts von einem hohen Gefahrenpotenzial für Leib und Leben der Lebensgefährtin aus.

Soweit der Antragsteller erstmalig in diesem Verfahren ein Fehlverhalten einräumt, ist darin kein nachhaltiger innerer Einstellungswandel erkennbar, nachdem er zuvor jegliches Fehlverhalten von sich wies und seiner ehemaligen Lebensgefährtin vorwarf, in diesem Zusammenhang falsche Angaben getätigt zu haben.

Entnommen aus dem Neuen Polizeiarchiv 07/2024, Lz. 841.

HinSchG: Bericht der Externen Meldestelle des Bundes

Die Bundesregierung hat den Bericht über die Arbeit der Externen Meldestelle des Bundes auf Grundlage des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) als Unterrichtung vorgelegt.

Die externe Meldestelle hatte im Juli 2023 ihre Arbeit aufgenommen, damit hinweisgebende Personen in einem geschützten Umfeld Informationen über Verstöße in Unternehmen und Behörden melden können.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, sind bereits im Juli 2023 42 Meldungen bei der Meldestelle eingegangen. In den folgenden Monaten ist die Zahl der Meldungen weiter angestiegen, auf 112 Meldungen im Dezember.

Steigende Tendenz der Meldungen

Diese Tendenz setzt sich auch 2024 fort: In den ersten zwei Monaten des neuen Jahres gab es demnach bereits insgesamt 279 Meldungen. Insgesamt sind in dem Zeitraum zwischen 02.07.2023 und 31.12.2023 410 Meldungen bei der externen Meldestelle des Bundes eingegangen.

Zum Stichtag 31.12.2023 gab es unter den 410 Verfahren nur einen Fall, in dem interne Untersuchungen bei dem betroffenen Unternehmen beziehungsweise der betroffenen Behörde eingeleitet wurden.

Auch staatsanwaltliche Ermittlungen

Dies sei zum einen darauf zurückzuführen, dass der Betrachtungszeitraum (Eingang der Meldung und daraufhin Einleitung der Untersuchungen) verhältnismäßig kurz sei. Zum anderen liege es auch daran, dass bei zahlreichen Meldungen andere Folgemaßnahmen als eine Kontaktaufnahme zu dem betroffenen Unternehmen oder der betroffenen Behörde geeigneter erschienen, heißt es in dem Bericht.

Und weiter geht aus ihm hervor, dass 22 Fälle nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 HinSchG an Staatsanwaltschaften abgegeben wurden. In neun Fällen haben Staatsanwaltschaften demnach bereits Ermittlungen eingeleitet.

Der Jahresbericht der Externen Meldestelle des Bundes 2023 findet sich hier.

Entnommen aus dem RdW-Kurzreport 17/2024, S. 708 f.

Euralarm-Definitionsvorschläge für CRA-Produkte

Euralarm hat ein Positionspapier mit Vorschlägen für Definitionen vorgelegt, die von der Europäischen Kommission im Durchführungsgesetz zum Cyber Resilience Act (CRA) übernommen werden könnten.

Der Cyber Resilience Act (CRA) wird voraussichtlich im September oder Oktober dieses Jahres im Amtsblatt der Europäischen Union (OJEU) veröffentlicht werden. Diese neue Verordnung enthält grundlegende Cybersicherheitsanforderungen, die die Widerstandsfähigkeit digitaler Produkte (Hardware und Software) gegen Cyberangriffe verbessern.

Darüber hinaus wird durch die Anforderungen sichergestellt, dass festgestellte Schwachstellen ordnungsgemäß behoben werden und während des gesamten Supportzeitraums des Produkts zu Produktaktualisierungen führen.

Die Verordnung schreibt auch Konformitätsbewertungsverfahren vor, um die Einhaltung dieser grundlegenden Anforderungen nachzuweisen. Obwohl angekündigt wird, dass die meisten digitalen Produkte für das Selbstbewertungsverfahren in Frage kommen, werden in der Verordnung Kategorien wichtiger und kritischer Produkte aufgeführt und mit einem strengeren Konformitätsbewertungsverfahren verknüpft.

Kategorie „Smart-Home-Produkte mit Sicherheitsfunktionen“

Mindestens eine Kategorie wichtiger Produkte, die Klasse I, ist für die Euralarm-Mitglieder von Interesse. Sie ist in Anhang III des CRA als „Smart Home-Produkte mit Sicherheitsfunktionen, einschließlich intelligenter Türschlösser, Sicherheitskameras, Babyüberwachungssysteme und Alarmanlagen“ aufgeführt.

Diese Kategorie erfordert entweder die Anwendung einer im Amtsblatt der Europäischen Union aufgeführten harmonisierten Norm oder eine EU-Baumusterprüfung durch eine benannte Stelle. Klare und eindeutige Definitionen sind daher von größter Wichtigkeit.

Euralarm, der europäische Fachverband der elektronischen Brandschutz- und Sicherheitsindustrie, begrüßt die Möglichkeit, Definitionen vorzuschlagen, die von der Europäischen Kommission in dem Durchführungsbeschluss zur Ergänzung der CRA gebilligt werden können.

Nach sorgfältiger Prüfung des Wortlauts der Kategorie in Anhang III und der Kriterien in Artikel 7 Absatz 2 des CRA enthält dieses Positionspapier solche Vorschläge für die oben genannte Kategorie.

Quelle: Eualarm, zuletzt abgerufen am 04.10.2024.

Text zu schreiben.

Heimliche Videoaufnahmen durch Privatdetektei

Ein landeseigenes Wohnungsunternehmen vermutete schon längere Zeit, dass die Mieter zweier Wohnungen unerlaubt untervermieteten, und griff zu einer ungewöhnlicheren Methode, um ihren Verdacht zu bestätigen: Es beauftragte eine Privatdetektei, die heimlich Videoaufzeichnungen im Treppenhaus vor den betroffenen WohnungenHeimliche Videoaufnahmen durch Privatdetektei machte. Ob diese Aufnahmen auch im Prozess verwertet werden durften? Darüber entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Urteil.

Verdacht auf unerlaubte Untervermietung

Ein landeseigenes Wohnungsunternehmen vermietete zwei Wohnungen in Berlin an eine Frau und ihre beiden Söhne. Ein Sohn bewohnte seit Februar 2007 eine Vierzimmerwohnung, während der andere Sohn seit Februar 2008 in einer Fünfzimmerwohnung im Nachbarhaus lebte. Nach mehreren Hinweisen auf eine unerlaubte Untervermietung der beiden Wohnungen mahnte das Wohnungsunternehmen die Mieter im Januar 2017 ab.

Im September 2017 wurde die Vermieterin über einen Polizeieinsatz in der Fünfzimmerwohnung informiert, bei dem es um Streitigkeiten zwischen der Frau, ihrem Sohn und zwei Untermietern ging. Daraufhin mahnte das Wohnungsunternehmen die Mieter erneut wegen unerlaubter Untervermietung der beiden Wohnungen ab.

Zudem besichtigte die Hausverwaltung beide Wohnungen und kam zu dem Schluss, dass die Mieter mehrere Zimmer offensichtlich untervermietet hatten.

Videoaufzeichnungen im Treppenhaus

Um die Untervermietung beweisen zu können, beauftragte die Wohnungsgesellschaft eine Privatdetektei, die im November 2017 im Treppenhaus vor den jeweiligen Wohnungen mit versteckten Videogeräten Aufnahmen machte. Die Videoaufzeichnungen erfassten nicht nur das Treppenhaus, sondern auch den Eingangsbereich der Wohnungen bei geöffneter Wohnungstür.

Die Detektei erstellte anhand der gespeicherten Aufnahmen ein Protokoll, wann welche Personen die Wohnungen betreten und verlassen hatten. Aus dem Protokoll ging hervor, dass die Wohnung im erfassten Zeitraum sechs Männern und einer Frau überlassen worden war, die die Wohnungen mit ihren eigenen Schlüsseln betreten und verlassen hatten.

Außerordentliche Kündigung

Im Januar 2018 kündigte das Wohnungsunternehmen die Mietverträge für beide Wohnungen und begründete die außerordentliche Kündigung mit der unerlaubten Untervermietung. Dabei stützte es sich u. a. auf die heimlichen Videoaufnahmen, die die nicht genehmigte Untervermietung belegten.

Die daraufhin von dem Wohnungsunternehmen eingelegten Räumungsklagen waren zunächst erfolgreich. Die von den Mietern erhobene Widerklage auf Schadensersatz wegen unzulässiger Videoaufnahmen wies das Amtsgericht hingegen ab.

Im Berufungsverfahren wurden die Räumungsurteile wieder aufgehoben und die Räumungsklagen abgewiesen, weil die Kündigungen nicht wirksam geworden seien. Die Untervermietung sei von den Mietern substanziiert bestritten worden.

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die von dem Wohnungsunternehmen vorgelegten, verdeckten Videoaufnahmen seien im Prozess nicht verwertbar, weil sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter verletzten und damit grundrechtswidrig erlangt worden seien.

Die verbliebenen Beweisangebote, wie u. a. die Besichtigung durch die Hausverwaltung, ließen keinen zweifelsfreien Rückschluss auf eine Untervermietung zu. Hinsichtlich möglicher Geldentschädigungsansprüche der Mieter hielt das Berufungsgericht an der Einschätzung des Amtsgerichts fest.

BGH: Videoaufnahmen unverwertbar

Der BGH wies die Revision zurück, weil das Urteil des Landgerichts der revisionsrechtlichen Prüfung standhielt. Die Kündigungen hätten das Mietverhältnis nicht beendet, weil die Erkenntnisse aus den heimlichen Videoaufzeichnungen einem Verwertungsverbot unterlägen.

Die verdeckten Videoaufnahmen verstießen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, weil sie in einem nicht-öffentlichen Raum und ohne Einwilligung des Betroffenen gemacht worden seien. Öffentlich zugängliche Räume seien Bereiche, die nach dem erkennbaren Willen des Berechtigten dazu bestimmt sind, von der Allgemeinheit betreten und genutzt zu werden.

Diese Voraussetzung sei für den Wohnungseingangsbereich, der nur bei geöffneter Tür einsehbar gewesen sei, offensichtlich nicht gegeben. Aber auch das vor der Eingangstür aufgenommene Treppenhaus sei nicht öffentlich, weil zu diesem Bereich nur die Bewohner und deren Besucher Zugang hätten.

Interessen der Mieter überwiegen

Ferner führte eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen zu dem Ergebnis, dass die Interessen der Mieter überwögen. Durch die Videoaufzeichnungen seien das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) und der Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh erheblich beeinträchtigt.

Die Aufzeichnungen dokumentierten lückenlos, wann, wie oft und in welcher Begleitung, in welcher Stimmung, mit welchem Gesichtsausdruck und in welcher Bekleidung die Betroffenen die Wohnung jeweils betreten oder verlassen hätten. Die Betroffenen hätten Mangels Kenntnis der Aufnahmen nicht darüber entscheiden können, ob sie diese Informationen aus ihrer Privatsphäre preisgeben wollten.

Die Vermieterin habe die Aufzeichnungen anfertigen lassen, um den Verdacht eines vertragswidrigen Verhaltens der Mieter zu bestätigen. Auch sollten die Aufnahmen dazu dienen, die unerlaubte Untervermietung im Prozess zu beweisen und die Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche zu erleichtern.

Demgegenüber wogen die Eingriffe in die Grundrechte der Mieter schwer. Zumal der Vermieterin mildere Mittel zur Erreichung ihrer Ziele zur Verfügung gestanden hätten. So hätte der Verdacht im Wege einer gezielten Scheinanmietung oder durch Befragungen von Nachbarn oder Angestellten bestätigt werden können.

BGH: Keine Entschädigung für Mieter

Hinsichtlich der Geldentschädigung hielt der BGH an der Auffassung des Berufungsgerichts fest. Um einen Anspruch zu begründen, müsse der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte schwerwiegend sein und dürfe nicht auf andere befriedigende Weise ausgeglichen werden können. Der BGH bejahte zwar die Schwere des rechtswidrigen Eingriffs, der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung sei jedoch nicht beeinträchtigt.

Darüber hinaus wurde den Mietern durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Überwachungsmaßnahmen im vorliegenden Verfahren eine gewisse Genugtuung verschafft.

Bundesgerichtshof, Urt. v. 12.03.2024 – VI ZR 1370/20

Entnommen aus dem RdW-Kurzreport 18/2024, Rn. 270

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Amtsgericht Tiergarten verurteilt Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung 05.05.2021

Das Amtsgericht Tiergarten hat einen Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Angeklagte hatte mehrere Drohungen an den britischen National Health Service geschickt und eine hohe Geldsumme gefordert.

Ausgangsfall

Ein Schöffengericht am Amtsgericht Tiergarten hat einen 33-Jährigen wegen versuchter räuberischer Erpressung des britischen National Health Service (NHS) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Gerichts hat der Angeklagte, ein italienischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Berlin, am 26. April 2020 eine Mail an den NHS versandt, in der er mit der Zerstörung eines englischen Krankenhauses durch eine Bombe gedroht habe, sofern ihm der NHS nicht 10 Millionen britische Pfund in Bitcoin überweise. Um seine Forderungen zu bekräftigen, habe der Angeklagte in den darauffolgenden Tagen und Wochen weitere E-Mails mit den Zahlungsmodalitäten sowie ergänzenden Fristsetzungen verschickt. Darin habe er u.a. auch alternativ mit der Tötung von Politikern und Demonstranten gedroht. In der Nacht auf den 16. Juni 2020 war der Angeklagte schließlich von Spezialkräften in Berlin festgenommen worden; er befand sich seitdem in Untersuchungshaft.

Mit Beschluss vom 26.02.2021 wurde er von dem weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont, d.h. er wurde entlassen und muss sich nun bis zur Rechtskraft des Urteils zwei Mal wöchentlich bei der Polizei melden. (Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müsste er dann zu einem späteren Zeitpunkt seine Strafhaft antreten. Die Zeit der Untersuchungshaft würde ihm angerechnet werden.)

Zum Urteil

Dem Prozess waren intensive Ermittlungen und eine enge Zusammenarbeit der britischen und deutschen Strafverfolgungsbehörden vorangegangen. Zeugen aus England wurden per Videovernehmung im Gerichtssaal gehört. Der Vorsitzende Richter betonte in seiner Urteilsbegründung, dass der NHS der Zahlungsaufforderung des Angeklagten zwar nicht nachgekommen sei, dass der britische Gesundheitsdienst die Forderungen jedoch vor allem vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie durchaus ernst genommen habe. Die Drohungen seien massiv und die Geldforderung sehr hoch gewesen.

Für den Angeklagten habe andererseits aber gesprochen, dass er nicht über die Mittel verfügt habe, um seine Drohungen tatsächlich umzusetzen. Auch habe ihm nicht nachgewiesen werden können, dass eine Umsetzung jemals beabsichtigt gewesen war.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Berufung oder der Revision angefochten werden. Die schriftlichen Urteilsgründe werden frühestens in zwei Monaten zur Verfügung stehen.

 

Beschluss des Amtsgericht Tiergarten vom 26. Februar 2021­ – Az.: 286 Ls 23/20

Quelle: Pressemitteilung der Gerichte von Berlin vom 26.02.2021 (zuletzt abgerufen am 04.05.2021)

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Was ist Menschenhandel? 04.05.2021

"Menschenhandel ist Ausbeutung". Von Menschenhandel spricht man, wenn die persönliche Zwangslage eines Menschen ausgenutzt wird, um ihn auszubeuten – als Prostituierte/r, als Arbeitnehmer/in, als Bettler/in, als Organspender/in oder auch als zur Straftatenbegehung gezwungene Täter/in. Der Menschenhandel ist weltweit eines der bedeutendsten Geschäfte der Organisierten Kriminalität.

Die Opfer, die sowohl aus dem Ausland als auch aus Deutschland stammen können, werden meist mit falschen Versprechungen für eine Tätigkeit angeworben, z.B. mit Arbeitsangeboten über vermeintlich vertrauensvolle Verwandte, die die Opfer aber zur Ausbeutung weitervermitteln; mit Angeboten einer gut dotierten Arbeitsstelle (Ernte, Haushalt, Au Pair); über Inserate, Agenturen oder Internet. Oftmals wird dabei die persönliche oder wirtschaftliche Notlage eines Opfers bewusst ausgenutzt, um diese in die entsprechenden Tätigkeiten zu bringen.

Wie agieren die Täter?

Täter des Menschenhandels arbeiten mit Beeinflussung und Bedrohung, suchen sich ihre Opfer sehr strategisch aus. Sie nutzen den kulturellen und familiären Hintergrund gezielt aus, um das Opfer zunächst anzuwerben und später gefügig zu halten. Täter und Opfer stehen nicht selten in einer familiären oder sozialen Beziehung.

Oft angewendet wird die "Loverboymethode". Dabei werden minderjährige Mädchen und junge Frauen aus allen Gesellschaftsschichten von sog. "Loverboys" angesprochen und ihnen wird zunächst die "große Liebe" vorgegaukelt. Die "Loverboys" geben ihnen Aufmerksamkeit, Komplimente, Zuneigung und Geschenke. Gleichzeitig machen sie die Opfer emotional abhängig und entfremden sie ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis. Später verleiten oder zwingen sie ihre Opfer zur Prostitution. Den Opfern wird vorgetäuscht, das verdiente Geld zum Aufbau einer gemeinsamen Zukunft verwenden zu wollen. Diese Opfer sind oft schwer zu erkennen, da sie sich häufig selbst nicht als Opfer wahrnehmen.

Wer sind die Opfer?

Überwiegend vulnerable Gruppen, die sich in persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslagen befinden und die zu diesen Tätigkeiten gezwungen werden oder diese als einzige Möglichkeit des "Geldverdienens" ansehen.

Immer mehr Menschen sind in die internationale Arbeitsmigration involviert und können dabei Opfer von struktureller, psychischer und physischer Gewalt werden. Ihre oft unsichere rechtliche und soziale Position außerhalb des Heimatlandes sowie der Druck, im Ausland ihr eigenes Leben und das ihrer Familie sichern zu müssen, werden dabei gezielt ausgenutzt. Im Bereich Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, aber nicht nur dort, spielen weiterhin Geschlechterhierarchien und Gewalt gegen Frauen eine große Rolle. So können Migranten/innen Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung werden.

Nicht selten erwarten Familien eine große finanzielle Unterstützung von Angehörigen, die in die Ferne gegangen sind, um Geld zu verdienen. Die meisten Betroffenen sind gezwungen, ein Doppelleben zu führen, d.h. die Familie weiß über ihre hiesige Tätigkeit und wirklichen Verdienst nicht Bescheid. Viele Opfer sind vor der Ausreise nicht über die harten Arbeits- und Lebensbedingungen informiert. Viele Betroffene arbeiten isoliert von der Außenwelt und können ihren Arbeitsplatz nur sehr selten verlassen. Weiterhin verhindern z. B. Mietwucher bei der Unterbringung und hohe Schulden gegenüber Menschenhändler/innen den erhofften Verdienst. Diese Abhängigkeiten, verbunden mit fehlenden Sprachkenntnissen und Informationen, begünstigen die Ausbeutung.

Sie wurden Opfer?

Bei akuter Bedrohung wählen Sie 110! Die Polizei wird alles Erforderliche tun, um Sie zu schützen. Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten. Betroffene können die Ausbeutung bei jeder Polizeidienststelle anzeigen oder sich anderen Vertrauenspersonen oder Institutionen offenbaren, in deren Begleitung dann der Weg zur Polizei erfolgt.

Falls Sie Verletzungen haben, lassen Sie diese medizinisch behandeln und dokumentieren! Sie sollten sich von einem Arzt oder in einem Krankenhaus behandeln lassen. Hier werden Ihre Verletzungen zugleich dokumentiert. Dieses Attest kann sowohl im Strafverfahren als auch für die Durchsetzung Ihrer Interessen (z. B. Schmerzensgeld) als Beweismittel von Bedeutung sein.

Sie werden bedroht?

Wenn Sie bedroht oder unter Druck gesetzt werden, melden Sie dies unbedingt der Polizei. Nur so kann die Polizei schnell geeignete Maßnahmen zu Ihrem Schutz einleiten.

Schutz durch die Polizei:

  • Gefährdungsbewertung und Verhaltensberatung
  • Gefahrenabwehrmaßnahmen
  • Adressdatenschutz

Rechte und Ansprüche

  • Ausländische Betroffene des Menschenhandels in Deutschland haben gem. § 59 Abs. 7 AufenthG eine Bedenkfrist von drei Monaten, um über eine Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden nachzudenken. Bei einer Kooperation ist ein Aufenthaltstitel gem. §25.4a AufenthG möglich, welcher auch nach Abschluss des Verfahrens noch verlängert werden kann.
  • Oft ist es sinnvoll, sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen. Er vertritt Ihre Interessen vor Gericht und darf bei Ihrer Vernehmung durch das Gericht oder der Staatsanwaltschaft anwesend sein. Allerdings ist meistens schon das erste Beratungsgespräch kostenpflichtig. Der Verein WEISSER RING bietet Opfern von Gewalt einen Beratungsscheck für das rechtsanwaltliche Erstgespräch an.
  • Als Opfer von Menschenhandel können Sie beantragen, vom Gericht einen eigenen "Opferanwalt" bestellt zu bekommen. Der Opferanwalt oder die Opferanwältin vertritt dann Ihre Interessen im Strafverfahren und vor Gericht. Folgt das Gericht Ihrem Antrag, ist die opferanwaltliche Tätigkeit für Sie kostenfrei.
  • Auf Antrag können sie als „Nebenkläger“ im Strafverfahren auftreten. Das erweitert Ihre Rechte. Sie können sich zur Nebenklage informieren.
  • Sie haben auch Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung.
  • Wer durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten hat, kann nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) Versorgung erhalten (z.B. Heil - und Krankenbehandlung, Hilfen zur beruflichen Rehabilitation, Beschädigtenrente). Die Versorgung wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist an das für den Wohnort der/des Geschädigten zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Weitere Informationen finden Sie bei Opferentschädigung bei Opferrechten. Diese Form der Entschädigung ist nicht mit Schadenersatz oder Schmerzensgeld zu verwechseln.
  • Opferhilfeeinrichtungen stehen Ihnen während des gesamten (Straf-) Verfahrens und darüber hinaus zur Seite und unterstützen Sie in allen Bereichen.

Hilfe und Unterstützung

  • Von Menschenhandel Betroffene haben ein Recht auf Beratung und Unterstützung durch eine Fachberatungsstelle. Die Beratung ist immer kostenlos, anonym und unabhängig von Behörden oder anderen staatlichen Einrichtungen.
  • Psychosoziale Prozessbegleitung bei der Hauptverhandlung
  • Die Beratungsarbeit erfolgt auf freiwilliger Basis und je nach Bedarf muttersprachlich.
  • Beraterinnen unterliegen der Schweigepflicht und behandeln alle Angaben ihrer Klienten/innen vertraulich.
  • Wenn Unsicherheiten wegen einer Anzeige bestehen, können sich Betroffene zuerst bei einer der Fachberatungsstellen beraten lassen und dann gemeinsam mit einer Beraterin zur Anzeigenerstattung zur Polizeidienststelle gehen.
  • Im Mittelpunkt der Beratungsarbeit stehen ausschließlich die Bedürfnisse, Interessen und Belange der Betroffenen.

Die Fachberatungsstellen bieten meist folgende Leistungen an:

  • Notversorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Hygieneartikeln
  • Krisenintervention und Erstgespräch, auch z.T. aufsuchende Arbeit
  • fortlaufende psychosoziale Beratung
  • Klärung ausländer- und sozialrechtlicher Fragen, Sicherung des Lebensunterhaltes
  • Angebot / Vermittlung von Unterbringung, medizinischer Versorgung, Therapieangeboten, Bildungsmaßnahmen und Freizeitgestaltung
  • Begleitung zu Behörden
  • Begleitung im Ermittlungs- und Strafverfahren und vor Gericht
  • Vermittlung eines juristischen Beistands
  • Unterstützung beim Aufbau von Lebensperspektiven
  • Organisation und Unterstützung bei der Ausreise und Vermittlung von Hilfsangeboten in den Herkunftsländern

Fachberatungsstellen und Ansprechpartner für Betroffene des Menschenhandels

  • KOK e.V. - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. Auf der Website www.kok-gegen-menschenhandel.de finden sich weitere Informationen für Opfer von Menschenhandel.
  • WEISSER RING e.V. (Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten) mit Kontaktadressen im gesamten Bundesgebiet
  • Opferhilfsorganisationen für Opfer von Menschenhandel finden Sie unter www.opferhilfen.de
  • Bundesweites "Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen" Tel.:08000116016
  • Jede Polizeidienststelle
  • Gewerkschaften

 

Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder (zuletzt abgerufen am 04.05.2021)

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Kontrolle von Pflasterflächen durch die Gemeinde 03.05.2021

Städte und Gemeinden haben eine Kontrollpflicht im Bezug auf alle Straßen und Wege auf ihrem Gebiet. Allerdings kann nicht verlangt werden, dass Straßen oder Wege ständig völlig frei von Mängeln und Gefahren sind.

Ausgangsfall

Eine 64-jährige Frau lief auf einem gepflasterten Gehweg, der zu einem Marktplatz führte. Ein mehr als 2 cm hervorstehender Pflasterstein brachte die Frau ins Stolpern, sie stürzte und brach sich den linken Oberarmknochen mehrfach. Sie warf der Stadt vor, eine Gefahrenquelle in Form des um mehr als 2 cm über das Straßenniveau hinausragenden Pflastersteins, über den sie gestürzt sei und den sie nicht habe erkennen können, nicht beseitigt zu haben. Sie verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Die Stadt verteidigte sich damit, dass die Pflasterung und der Plattenbelag auf dem Marktplatz regelmäßig einmal pro Woche durch einen geschulten Straßenbegeher, zuletzt fünf Tage vor dem Unfall, kontrolliert werde.

Ausreichende Kontrolle

Das Oberlandesgericht Hamm1 wies die Klage der verletzten Frau ab.

Die Richter räumten zwar ein, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die Fußgängerin zur angegebenen Zeit an der betreffenden Stelle über einen hochstehenden Pflasterstein gestolpert sei und sie sich durch den Sturz eine Fraktur des linken Oberarmknochens zugezogen habe. Unstreitig handelte es sich bei diesem Pflasterstein um eine Gefahrenstelle, die zu beseitigen gewesen sei.

Gleichwohl – so die Richter weiter – hafte die Stadt hier nicht, weil sie ihre Kontrollpflichten nicht verletzt habe. Eine Stadt oder Gemeinde müsse Straßen und Wege auf ihrem Gebiet überprüfen, um neue Schäden oder Gefahren zu erkennen und sodann die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen treffen. Hierzu gehöre, die Straßen und Wege – abhängig von ihrer Verkehrsbedeutung – regelmäßig zu beobachten und in angemessenen Zeitabschnitten zu befahren oder zu begehen. Allerdings könne nicht verlangt werden, dass Straßen oder Wege ständig völlig frei von Mängeln und Gefahren seien, da sich ein solcher Zustand schlechterdings nicht erreichen lasse. Im vorliegenden Fall habe die Stadt ihren Verpflichtungen genügt, indem sie rund fünf Tage vor dem Unfall die spätere Unfallstelle bei einer wöchentlichen Kontrolle durch einen Straßenbegeher habe überprüfen lassen. Für eine nicht ausreichende Kontrolle der Wegstrecke bestünden keine Anhaltspunkte, insbesondere könne sich der Pflasterstein auch kurz vor dem Unglück gelockert haben.

Somit schied eine Haftung der Gemeinde auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus.

 

1 Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Oktober 2020 – 11 U 72/19

Besprochen in RdW 2021, Heft 8, Randnummer 147.

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Haftung der Gemeinde für umgestürzten Straßenbaum

Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhten, müssen als unvermeidbar hingenommen werden. Stürzt allerdings ein an einer Straße gewachsener Baum auf ein vorbeifahrendes Auto, weil die Gemeinde es unterlassen hat, trotz Krankheitsanzeichen des Baumes ausreichende Maßnahmen zu treffen, haftet sie für die Schäden.

Ein Autofahrer fuhr im Juni 2016 auf einer innerörtlichen Straße. Rechts von ihm befanden sich an einem Hang mehrere Bäume. Plötzlich stürzte ein hangabwärts befindlicher Stämmling einer mehrstämmigen, etwa 16 m hohen Esche quer über die Straße. Bereits einige Zeit zuvor war ein hangaufwärts – der Straße abgewandt – stehender Stämmling dieser Esche abgebrochen. Der umgestürzte Baum fiel auf den Pkw des Autofahrers.

Baumkontrolleure der Stadt hatten im August 2015 und im April 2016 jeweils nach einer Sichtprüfung festgestellt, dass der betreffende Baum morsch war und Pilzbefall aufwies. Die Esche sollte deshalb spätestens Ende Januar 2017 gefällt werden.

Der Autofahrer verlangte Schadenersatz in Höhe von 50 000 € für den umfangreichen Schaden an seinem Fahrzeug. Er warf der Stadt vor, nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen zu haben, um Gefahren durch einen Abbruch des Baums zu vermeiden. Deshalb habe dieser Stämmling auf seinen Pkw stürzen und diesen erheblich beschädigen können.

Die Stadt sei ihm gegenüber daher zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe der Reparaturkosten verpflichtet.

Ebenso wie die Vorinstanz war auch das Oberlandesgericht Hamm1 der Auffassung, dass davon auszugehen sei, dass der Stämmling der Esche deshalb abgestürzt war, weil die Baumkontrolleure der Stadt lediglich Sichtprüfungen, die unzureichend waren, durchgeführt hatten.

Sichtprüfung allein nicht ausreichend

Zur Abwehr der von Bäumen ausgehenden Gefahren müssen seitens der Gemeinde diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Umsturz erforderlich sind, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes der Städte und Gemeinden diesen auch zumutbar sind. Schon aus ökologischen Gründen sei eine vorsorgliche Entfernung sämtlicher Bäume in der Nähe von

Straßen und Gehwegen nicht zu rechtfertigen.

Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstünden, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhten, müssten als unvermeidbar hingenommen werden. Gleichwohl dürften Anzeichen nicht übersehen werden, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen könnten.

Vor diesem Hintergrund – so das Gericht weiter – seien die bloßen Sichtkontrollen durch die gemeindlichen Baumkontrolleure unzureichend gewesen. Bei den von ihnen festgestellten Defektsymptomen und Krankheitsanzeichen des Baumes – Schrägstand, Pilzbefall und Morschung – seien weitergehende Untersuchungen unter Zuhilfenahme eines Sondierstabs erforderlich gewesen. Hierdurch hätte die Ursache für das Abbrechen beider Stämmlinge, nämlich eine fortgeschrittene Fäulnisbildung, unschwer festgestellt werden können, woraufhin die unverzügliche Fällung des Baumes innerhalb der nächsten 14 Tage hätte angeordnet werden müssen.

Wäre dieses Vorgehen seitens der Gemeinde eingehalten worden, wäre der Baum nicht auf den Pkw gestürzt. Somit haftete die Stadt für den am Fahrzeug des Autofahrers entstandenen Sachschaden.

 

1 Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Oktober. 2020 – 11 U 34/20

Besprochen in RdW 2021, Heft 7, Randnummer 124.

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Neue DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“

Am 5. März 2021 genehmigte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die neue DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“. Diese löste die DGUV Vorschriften 25/26 („Kassen“) sowie die DGUV Vorschrift 20 („Spielhallen, Spielcasinos…“) ohne Übergangsfrist zum 1. April 2021 ab. Der Geltungsbereich der DGUV Vorschrift 25 erstreckt sich über Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute, Spielstätten, Verkaufsstellen sowie Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand, in denen der Versicherte Umgang mit Bargeld, anderen Zahlungsmitteln oder Wertsachen hat.

Grundpflichten des Unternehmers

Bereits im Eingangsparagrafen des Abschnitt Grundpflichten, §3 DGUV Vorschrift 25, kommt der unbedingte Präventionswille der Vorschrift zum Ausdruck. Unternehmer haben nunmehr die Aufgabe, bereits den Anreiz eines Überfalls „nachhaltig“ zu verringern. Die für die jeweiligen Geltungsbereiche erlassenen Konkretisierungsregelungen (vgl. Quellenangabe) führen hierzu auch einzelne Kriterien aus. So ist beispielsweise die Höhe der zu erwartenden Beutesumme ein durchaus sinnig aufgelistetes Kriterium.

Die Einbeziehung eines möglichen Überfalls in die Gefährdungsanalyse der Arbeitsbedingungen des Versicherten ist ebenso vorgesehen wie die Gestaltung der Betriebsstätten unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Anreizverringerung. Auch hierzu finden sich deutliche Konkretisierungen in den einzelnen Regelungen der Geltungsbereiche.

Mit der Neufassung wurde auch das Unterweisungsintervall geändert. So waren nach der DGUV Vorschrift 25/26 „Kassen“ neben der kategorischen Unterweisung zu Beginn mindestens zwei weitere Unterweisung innerhalb eines Jahres vorgesehen. Die DGUV Vorschrift 25 sieht nunmehr ein Unterweisungsintervall von mindestens halbjährlich, bei Bedarf und natürlich bei Aufnahme der Tätigkeit vor.

Insbesondere der Passus der Bedarfsunterweisung dürfte nach entsprechenden Vorfällen relevant werden. Gemäß den Regeln zur Konkretisierung muss die Unterweisung zudem ausführlich erfolgen und soll unter anderem auch eine Ausweitung auf die psychischen Belastungen eines Überfalls auf die Versicherten beinhalten.

Der Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen

Präzisierter als die Vorgängervorschrift präsentiert sich die DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“ auch im Hinblick auf den Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen. Auch hier sind die Konkretisierungsregeln der einzelnen Geltungsbereiche durchaus tiefgreifend. Insbesondere beim Transport durch Versicherte selbst empfiehlt der Unfallversicherungsträger diese mit mindestens zwei Versicherten durchzuführen. Je nach Geltungsbereich kann dies zwar auch durch einen Versicherten erfolgen, dann jedoch nur mit Sichtkontakt oder geeigneter Funksprechverbindung zu anderen Versicherten. Ein verdeckter Transport – egal ob intern oder nach extern – ist dem jeweiligen offensichtlichen Transport stets vorzuziehen. Richtigerweise setzt der Unfallversicherungsträger zum Schutze der Versicherten die Maßgaben für den Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen erkennbar hoch.

Die gängige Praxis im Kontext mit der neuen Theorie

Vielfach wird in der Praxis der Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen nach wie vor den Versicherten überlassen, ohne hierfür die gängigen Regeln der Prävention zu beachten. Häufig ist es bei kleineren Unternehmungen oder beispielsweise auch Veranstaltungen so, dass der Umgang mit den besagten Schutzgütern den Versicherten obliegt. Die Kassiererin fährt auf dem Heimweg beim lokalen Kreditinstitut vorbei und gibt dort die Tageseinnahmen ab oder der Vereinskassierer trägt die Veranstaltungseinnahmen zuerst zu sich nach Hause, um diese dann am Folgetag zur Bank zu bringen. Die beiden Fälle sind exemplarisch für die Praxis und bei Weitem nicht aus der Luft gegriffen.

Zwar trifft die Verantwortung und die Maßgaben der DGUV Vorschriften sowohl Unternehmer wie auch einen Sicherheitsdienstleister gleichermaßen – jedoch mit einem signifikanten Unterschied: Der Sicherheitsdienstleister ist im Umgang mit Schutzgütern weitaus professioneller und verfügt über entsprechend geschulte Mitarbeiter.

Insbesondere bei Vereinen gilt es zudem, die Versicherungssituation der ausführenden Mitglieder genauestens zu betrachten und im Vorfeld abzuklären. Nicht jede Vereinstätigkeit fällt automatisch in die gesetzliche Unfallversicherung.

Grundsätzlich ist auch die Haftungsfrage nicht unerheblich. Unter Umständen entstehen durch den Versicherten (im Falle des Falles der Geschädigte) auch zivilrechtliche Ansprüche, sofern dieser Schaden bei einem Überfall(versuch) nimmt und ein Präventionsversäumnis nachweisbar ist. Alleine durch die psychische Belastung des Überfalls ist ein Schadenseintritt höchst wahrscheinlich. Je nach Art und Schwere des Schadens kann dieser sogar zu einer lebenslangen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit führen. Die daraus resultierende Haftungsverpflichtung erschließt sich hier von selbst.

Unternehmen und Vereine sind daher gut beraten, die Prävention im Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen sehr ernst zu nehmen. Die Kosten eines Sicherheitsdienstleisters in Beratung und Ausführung sind marginal im Vergleich zu den Haftungsverpflichtungen im Schadensfall.

Quellen:

DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“

DGUV Regel 108-010 „Überfallprävention in Verkaufsstellen“

DGUV Regel 115-003 „Überfallprävention in Kreditinstituten“

DGUV Regel 115-004 „Überfallprävention in Spielstätten“

DGUV Regel 115-005 „Überfallprävention in Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand“

Alle frei als PDF verfügbar unter:https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-vorschriften/ (zuletzt abgerufen am 10.04.2021)

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Sprayer haften für illegale Graffiti

Sie prägen das Stadtbild, sind an fast jedem Bahnhof zu sehen und zieren unzählige Bushaltestellen – und doch sind illegal aufgebrachte Graffiti kein Kavaliersdelikt. Werden öffentliche Einrichtungen oder privates Eigentum unerlaubt besprüht, liegt meist eine Sachbeschädigung vor. Und die kann teuer werden.

Sprayer haften 30 Jahre für den Schaden

Das Sprühen auf nicht genehmigten Flächen stellt eine Sachbeschädigung im Sinne der §§ 303 und 304 Strafgesetzbuch (StGB) dar. Dazu kommt oft auch noch ein verbotswidriges Betreten des Geländes, sodass zusätzlich ein Hausfriedensbruch im Sinne des § 123 StGB vorliegt. Die Texte der Rechtsnormen können unter www.gesetze-im-internet.de/stgb nachgelesen werden.

Aufgrund der Sachbeschädigung kann der Geschädigte zivilrechtlich auf Schadensersatz klagen. Und die zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Täter bzw. Verursacher gelten 30 Jahre lang: Wer mit 15 beim illegalen Sprayen erwischt wird, läuft Gefahr, bis zu seinem 45. Lebensjahr zur Kasse gebeten zu werden.

Kurz gesagt:

  • Illegale Graffiti sind Sachbeschädigungen,
  • die Verursacher machen sich schadenersatzpflichtig
  • und werden strafrechtlich verfolgt.

Wenn Sie Sprayer auf frischer Tat entdecken

Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr und informieren Sie sofort über den Notruf 110 die Polizei. Prägen Sie sich die Beschreibung des Täters (Aussehen, Kleidung, Besonderheiten usw.) ein. Falls Sie Hinweise geben können, wohin, wie bzw. womit der Täter geflüchtet ist, erleichtert das der Polizei die Ermittlungsarbeit. Tätermerkmale einprägen

Erstatten Sie in jedem Fall (auch wenn keine Sprayer erwischt wurden) umgehend Anzeige. Sorgen Sie dafür, dass der Schaden fotografisch festgehalten wird und anschließend eine umgehende Beseitigung der Graffiti erfolgt. Melden Sie den Schaden Ihrer Gebäudeversicherung, falls Versicherungsschutz besteht.

Spezialreiniger zur Beseitigung von Sprühlacken erhalten Sie im Fachhandel. Beachten Sie, dass diese auf ätzenden Säuremixturen basieren können und der Kontakt gesundheitsschädlich sein kann.

Empfehlungen für Eigentümer von Gebäuden

Ein illegales Graffiti sollte so schnell wie möglich beseitigt werden, denn ist eine Wand erst einmal vollgeschmiert, zieht sie erfahrungsgemäß bald Nachahmer an. Einen absoluten Schutz vor Farbschmierereien gibt es nicht.

Das können Sie tun:

  • Licht in Kombination mit Bewegungsmeldern und aufmerksame Nachbarn schützen auch vor Sprayern. Tu was für gute Nachbarschaft.
  • Eine begrünte Fassade hält Sprayer fern. Ebenso sind eine grobe, unebene Oberfläche oder farbenfrohe Wände ungünstige Untergründe für Graffiti.
  • Maler-, Fassaden-, Gebäudereinigungs- und andere Fachfirmen bieten verschiedene Verfahren zum Schutz vor bzw. für die Beseitigung von Farbschmierereien an.

Weitere Informationen: https://www.polizei-beratung.de/startseite-und-aktionen/aktuelles/detailansicht/sprayer-haften-fuer-illegale-graffiti/

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LexisNexis Risk Solutions veröffentlicht neuen Cybercrime Report

Der neu veröffentlichte Cybercrime Report von LexisNexis Risk Solutions zeigt, dass insbesondere junge Erwachsene und Personen älter als 75 stark unter die Bedrohungsopfer von cyberkriminellen Attacken fallen.

LexisNexis® Risk Solutions hat am 23.02.2021 den halbjährlichen Cybercrime Report für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 veröffentlicht. Der Report zeigt detailliert auf, wie sich die Bedrohungslandschaft im Netz entwickelt hat und welche neuen Möglichkeiten sich für Cyberkriminelle auf der ganzen Welt aufgetan haben, insbesondere bei der Ansprache neuer Online-Nutzer. Der Bericht zeigt, dass die Altersgruppe unter 25 Jahren am anfälligsten für Betrugsangriffe ist, während die älteste Altersgruppe am zweitgefährdetsten ist und am meisten Geld verliert. Das starke Risiko an beiden Enden des Altersspektrums unterstreicht, wie wichtig es für Unternehmen ist, sowohl neue als auch gefährdete Kunden bei Online-Transaktionen im Jahr 2021 zu schützen. Der Bericht bietet auch einen Jahresrückblick, der hervorhebt, dass 2020 insgesamt ein Rückgang der von Menschen initiierten Angriffe zu verzeichnen war, während die Bot-Angriffe zunahmen.

Der Cybercrime Report analysiert Transaktionsdaten aus dem LexisNexis® Digital Identity Network®, einer Sammlung globaler, geteilter Informationen, die aus Milliarden von Verbraucherinteraktionen gewonnen werden, darunter Logins, Zahlungen und Anträge auf neue Konten. Das Digital Identity Network® verarbeitete im Jahr 2020 47,1 Milliarden Transaktionen, ein Anstieg von fast 12 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr. Die im Digital Identity Network beobachtete Betrugsangriffsrate sank im Durchschnitt über alle digitalen Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr, obwohl Medienunternehmen einen Anstieg der Gesamtangriffsrate bei der Kontoeröffnung verzeichneten.

Da automatisierte Bot-Angriffe Betrügern eine preisgünstige, schnelle und effektive Methode für einen ersten Angriff bieten, bleiben bösartige Angriffsvektoren trotz der reduzierten Angriffsraten, die in Unternehmen verzeichnet wurden, bestehen. Die Studie analysierte 24,6 Milliarden Transaktionen von Juli bis Dezember 2020 und stellte fest, dass massenhaft automatisierte Bots, die zum Testen von Identitätsnachweisen verwendet werden, weiterhin weit verbreitet sind. Das Digital Identity Network verzeichnete Bot-Angriffe in allen globalen Regionen verteilt in einer Vielzahl von Branchen. Auch die Erstellung neuer Konten weist weiterhin hohe Angriffsraten auf und stellt einen wichtigen Einstiegspunkt für Betrüger dar, die aus Datenverletzungen gewonnene Anmeldedaten zu Geld machen wollen.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Cybercrime Report von LexisNexis Risk Solutions:

  • Das Jahr 2020 im Rückblick: Rasantes Wachstum digitaler Transaktionen lässt menschenverursachte Angriffe sinken, während Bot-Attacken zunehmen 

Die Zahl der Angriffe, die durch Menschen initiiert worden sind, sank im Jahr 2020 um rund 184 Millionen, während die Zahl der Bot-Attacken um 100 Millionen anstieg. In beiden Fällen stammte die größte Anzahl von Betrugsangriffen aus den Vereinigten Staaten, wobei Länder wie Kanada, Großbritannien und Deutschland ebenfalls in die Top-Ten-Länder für jede Angriffsmethode passen. Besonders aufstrebende Volkswirtschaften trugen zunehmend zur Anzahl der Betrugsangriffe bei, wobei die von Menschen initiierten Angriffe aus Guatemala, Bahrain und Simbabwe stammten und eine größere Anzahl von Bot-Angriffen von der Man Insel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Nigeria ausging.

Siebenundsechzig Prozent aller Transaktionen erfolgten über mobile Kanäle, wobei ein Großteil des Transaktionswachstums von vertrauenswürdigen Kunden stammte.

 

  • Juli bis Dezember 2020: Cybercrime über Generationen hinweg

Da viele Neukunden zum ersten Mal online sind, stellte sich heraus, dass die jüngste Altersgruppe der Online-Nutzer im Sechsmonatszeitraum am anfälligsten für Betrugsangriffe war. Die Analyse ergab, dass es in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen einen Zuwachs von 10 % an Neukunden gab.

Die älteste Altersgruppe - 75 Jahre und älter - verzeichnete die zweithöchste Angriffsrate. Diese Gruppe ist im Allgemeinen weniger vertraut mit den neuesten digitalen Technologien und ist möglicherweise anfälliger für Betrugs- und Phishing-Versuche. Während Millennials und die Generation Z am anfälligsten für Betrugsangriffe sind, steigt der durchschnittliche Betrugsverlust pro Kunde mit zunehmendem Alter an, was wahrscheinlich durch das höhere verfügbare Einkommen in späteren Lebensjahren beeinflusst wird.

Das Paradoxon, warum Betrüger sich dafür entscheiden, die jüngere Altersgruppe in proportional höherem Umfang ins Visier zu nehmen, erklärt sich möglicherweise dadurch, dass höhere Erfolgsquoten geringere monetäre Gewinne ausgleichen können.

 

  • Juli bis Dezember 2020: Die branchenübergreifende Cybercrime-Landschaft 

Das Digital Identity Network stellte einen Anstieg des globalen Transaktionsvolumens im zweiten Halbjahr 2020 um 29 % im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2019 fest. Dieses Wachstum fand in den Bereichen Finanzdienstleistungen (29 %), E-Commerce (38 %) und in der Medienbranche (9 %) statt.

Der Finanzdienstleistungssektor verzeichnete insgesamt niedrige Angriffsraten, angetrieben durch ein hohes Volumen an wiederholten Login-Transaktionen von vertrauenswürdigen Kunden. Der Zahlungsverkehr ist hierbei die Ausnahme, der eine höhere Angriffsrate als jede andere Branche aufwies und somit Betrüger ein leichtes Pflaster macht, schnell an Geld zu kommen.

Der E-Commerce-Bereich verzeichnete im Vergleich zu anderen Branchen das größte Wachstum des Bot-Volumens. Die Angriffsrate von 2,7 % für E-Commerce-Zahlungen per mobiler App ist höher als in jeder anderen Branche. Dies stellt einen offensichtlichen Risikopunkt für diese Unternehmen dar.

Die Erstellung neuer Konten für Medienunternehmen wurden mit einer höheren Rate als in jeder anderen Branche angegriffen, wobei Betrüger häufig Medienunternehmen wie Streaming-Dienste, Spiel- und Glücksspielseiten und Apps nutzen, um gestohlene Identitätsdaten zu testen.

 

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Data-Mining – Antiterrordateigesetz teilweise verfassungswidrig

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10.11.2020, Az.: 1 BvR 3214/15, wurde die theoretische Möglichkeit für Sicherheitsbehörden des Bundes eingeschränkt, aus der Antiterrordatei mit spezieller Software Erkenntnisse auch für andere Verfahren aus dem Terrorismusbereich zu schöpfen. Nach den Entscheidungsgründen ist für einen derartigen Eingriff ein erhöhter Verdachtsgrad im Sinne eines „verdichteten Tatverdachts“ notwendig. Die aktuellen in § 6a Abs. 2 Satz 1 Antiterrordateigesetz (ATDG) geregelten Anforderungen genügen hierfür nicht. Gleichwohl bleibt der Entscheidung eine praktische Auswirkung versagt, da die Regelung aufgrund fehlender Softwarelösungen ohnehin bisher keine Anwendung finden konnte.

Zielsetzung der Antiterrordatei

Durch das Antiterrordateigesetz vom 22.12.2006 (BGBl. I S. 3409) sollte angesichts der Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus der Informationsaustausch zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten weiter verbessert werden. Zentraler Punkt des Gesetzes war die Schaffung der Antiterrordatei, um den polizeilichen und nachrichtendienstlichen Kenntnisstand verwerten zu können. Hierdurch sollten die Erkenntnisse von Bundeskriminalamt, der Bundespolizei, den Landeskriminalämtern, den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, dem Militärischen Abschirmdienst, dem Bundesnachrichtendienst und dem Zollkriminalamt im Sinne einer Verknüpfung nutzbar gemacht werden. Durch Datenabrufe aus der Antiterrordatei mit dort eingepflegten Daten sollte der Datenaustausch optimiert werden (BT-Drucksache 16/2950, Seiten 1 und 12).

Erweiterte projektbezogene Datennutzung, § 6a ATDG

Nachdem das BVerfG bereits am 24.04.2013 (Az. 1 BvR 1215/07) die Regelungen des ATDG grundsätzlich als mit der Verfassung in Einklang zu bringen befand, wurde zum 01.01.2015 durch Gesetz vom 18.12.2014 (BGBl. I S. 2318) § 6a ATDG in das Gesetz eingefügt. Damit sollte auch künftig eine sogenannte erweiterte projektbezogene Datennutzung möglich sein.

Der Gesetzgeber wollte mit § 6a ATDG Möglichkeiten zur erweiterten Datennutzung für Zwecke der Aufklärung internationaler terroristischer Bestrebungen sowie zur Verfolgung oder Verhütung entsprechender terroristischer Straftaten schaffen. Hierbei sah er im Lichte der Entscheidung des BVerfG vom 24.04.2013 es als zulässig an, Inverssuchen den beteiligten Behörden zu ermöglichen. Innerhalb von § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG wurde als Voraussetzung hierfür festgelegt, dass dies möglich ist, „soweit dies im Rahmen eines bestimmten einzelfallbezogenen Projekts für die Verfolgung qualifizierter Straftaten des internationalen Terrorismus im Einzelfall erforderlich ist, um weitere Zusammenhänge des Einzelfalls aufzuklären.“ Nach der Gesetzesbegründung sollte ein Einzelfallprojekt zur Sammlung und Auswertung nur dann möglich erscheinen, wenn zu einer internationalen terroristischen Bestrebung Tatsachen bekannt sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass bestimmte Straftaten des internationalen Terrorismus begangen werden sollen und hierdurch bestimmte Gefahren drohen (BT-Drucksache 18/1565, Seite 19).

Das avisierte Vorgehen nach dieser Vorschrift fand mit dem Stichwort des sogenannten Data-minings seine Betitelung.

BVerfG: § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG mit der Verfassung unvereinbar – keine hinreichend konkretisierte Gefahr

Mit dem Beschluss des BVerfG vom 10.11.2020 wurde festgestellt, dass § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Als zentrales Argument hob das Gericht hervor, dass jedenfalls angesichts der Eingriffsintensität eine wenigstens hinreichend konkretisierte Gefahr vorliegen müsse, um entsprechende Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen.

Die Leitsätze der BVerfG-Entscheidung

1. Regelungen, die den Datenaustausch zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten ermöglichen, müssen den besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen der hypothetischen Datenneuerhebung genügen („informationelles Trennungsprinzip“).

2. Das Eingriffsgewicht der gemeinsamen Nutzung einer Verbunddatei der Polizeibehörden und Nachrichtendienste ist bei der „erweiterten Nutzung“ (Data-mining) weiter erhöht.

3. Die erweiterte Nutzung einer Verbunddatei der Polizeibehörden und Nachrichtendienste muss dem Schutz von besonders gewichtigen Rechtsgütern dienen und auf der Grundlage präzise bestimmter und normenklarer Regelungen an hinreichende Eingriffsschwellen gebunden sein.

a. Für die erweiterte Nutzung zur Informationsauswertung muss diese zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein; damit wird ein wenigstens der Art nach konkretisiertes und absehbares Geschehen vorausgesetzt.

b. Für die erweiterte Nutzung zur Gefahrenabwehr muss eine wenigstens hinreichend konkretisierte Gefahr gegeben sein.

c. Für die erweiterte Nutzung zur Verfolgung einer Straftat muss ein durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht vorliegen, für den konkrete und verdichtete Umstände als Tatsachenbasis vorhanden sind.“

Die Entscheidung des BVerfG vom 10.11.2020, Az.: 1 BvR 3214/15, im Einzelnen

Das BVerfG hat auf die Verfassungsbeschwerde diese insoweit teilweise für begründet erachtet, als die erweiterte projektbezogene Datennutzung nach § 6a ATDG in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG eingreift. Zwar sei die Regelung formell verfassungsgemäß, aber ihre Ausgestaltung in § 6a Abs. 2 S. 1 ATDG sei unverhältnismäßig (Rn. 70).

Im Einzelnen hielt das BVerfG hierzu Folgendes fest: § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG genügt im Hinblick auf seine Angemessenheit nicht den verfassungsgerichtlichen Anforderungen (Rn. 94). Bei der Nutzung existierender Datenbestände durch eine Stelle, die die Daten nicht selbst erhoben hat, ist die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nach den Kriterien der hypothetischen Datenneuerhebung zu bestimmen (Rn. 97). Aufgrund des ausgestalteten informationellen Trennungsprinzips mit einhergehenden unterschiedlichen Aufgabenzuschreibungen gelten gesteigerte verfassungsrechtliche Anforderungen für Vorschriften, welche die Nutzung nachrichtendienstlicher Informationen durch Polizei- und Sicherheitsbehörden ermöglichen (Rn. 101 ff.). Durch das Data-mining wird das Eingriffsgewicht mit der Nutzung sowohl durch Polizei- und Sicherheitsbehörden als auch durch Nachrichtendienste mit entsprechender Belastungswirkung erhöht (Rn. 109). Um auf entsprechende Daten zurückgreifen zu können, sind die Anforderungen des § 152 Abs. 2 StPO nicht hinreichend, welcher für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens allein zureichende tatsächliche Anhaltspunkte erfordert. Vielmehr hat der Gesetzgeber als Eingriffsschwelle festzulegen, dass bestimmte, den Verdacht begründende Tatsachen vorliegen müssen. Insoweit sind konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht notwendig (Rn. 120).

Folgen der Entscheidung – keine praktischen Auswirkungen

Aufgrund der Entscheidung des BVerfG folgt für § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG dessen Nichtigkeit.

Praktische Auswirkungen folgen hieraus gleichwohl nicht. Aufgrund fehlender technischer Parameter konnte die Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 1 ATDG in der Praxis ohnehin noch nicht umgesetzt werden, vgl. etwa die Stellungnahme des BfDI sowie BT-Drucksache 19/26367, Seite 2.

Die Bundesregierung kann in Folge der Entscheidung bei Bedarf die für nichtig erachtete Regelung mit entsprechend erhöhte Eingriffsschwelle nachschärfen und nach Softwarebereitstellung auch in die Praxis umsetzen.

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Urteil: Schmerzensgeld bei unterlassener Löschung von Mitarbeiterprofilen

 

Übersieht ein Arbeitgeber bei der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses, dass das Profil eines ehemaligen Arbeitnehmers weiterhin im Internet abrufbar ist, so handelt es sich um eine DSGVO-Verletzung, welche einen Schmerzensgeldanspruch auslösen kann. Ein neues Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln (Urteil vom 14.9.2020 – 2 Sa 358/20) dürfte für alle Arbeitgeber mit eigener Homepage und alle Arbeitnehmer, die darauf auftauchen, interessant sein. Man kennt das: Eine Firmenhomepage, auf der sich die einzelnen Mitarbeiter mit Foto und Name, manchmal auch einer kurzen Vita, vorstellen. Soweit nichts Besonderes und so war es auch im Fall, den das LAG Köln nun zu entscheiden hatte.

Foto nach Ausscheiden weiterhin im Netz auffindbar

Die Klägerin, eine Professorin für Medien- und Eventmanagement, war an einem Standort der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte verlinkte auf ihrer Homepage auch ein Profil der Klägerin. Die Klägerin und die Beklagte einigten sich in der Folgezeit auf einen Aufhebungsvertrag. In diesem wurde vereinbart, dass das Profil der Professorin im Intranet und das Profil mit Foto von der Website gelöscht werden solle. Das Intranet-Profil wurde sodann auch gelöscht, doch bei dem Profil im PDF-Format – inzwischen war die Webseite auf HTML umgestellt worden – übersah die Beklagte, dass dieses weiterhin über das Netz abrufbar war. Die Professorin stieß darauf, in dem sie sich selbst googelte und unter den ersten zehn Treffern fand. Über einen Rechtsanwalt verlangte sie daraufhin die Löschung des Profils sowie weiterer Artikel über vergangene Forschungsvorhaben der Klägerin. Die Beklagte kam dem nach.

Die Professorin wandte sich dann an die Datenschutzbeauftragten ihres Bundeslandes, welche gegenüber der Beklagten die noch online stehende PDF rügte. Die Datenschutzbeauftragte stellte auch fest, dass der Aufhebungsvertrag nur eine Regelung zu der Verlinkung des Profils der Klägerin auf der Homepage und im Intranet der Beklagten enthalte; Berichterstattungen über einzelne, von der Klägerin durchgeführte Projekte, welche die Beklagte nach dem Anwaltsbrief der Klägerin auch schon anonymisiert hatte, seien als genehmigte Datenverarbeitung zulässig gewesen.

Schadensersatz wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung

Die Professorin verlangte daraufhin Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro aus § 82 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen.

Die Professorin verlangte darüber hinaus den Ersatz ihrer Anwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro samt Zinsen und forderte, dass die Beklagte sie freistellt von Kosten, die wegen der Inanspruchnahme ihrer Rechtsschutzversicherung und einer daraus resultierenden Erhöhung der Selbstbeteiligung in künftigen Rechtsstreiten für sie entstehen könnten.

Sie argumentierte, dass § 12a Arbeitsgerichtsgesetz (AGG) wegen der Unabdingbarkeit von Art. 82 DSGVO als europäische Verordnung unangewendet bleiben müsse. Nach § 12 a AGG besteht nämlich in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs „kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands“.

Das Arbeitsgericht sprach der Klägerin daraufhin 300 Euro Schadenersatz zu. Es sah in der Vorhaltung der PDF eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, die einen Bagatellfall überschreitet. Einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Anwaltskosten und auf eine Freistellung von Versicherungsbeiträgen sah das Gericht jedoch nicht.

Daraufhin ging die Klägerin in Berufung. Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen.

Weitere Google-Suchergebnisse von Relevanz

Das Landesarbeitsgericht stellte eine „versehentliche Aufrechterhaltung der Sichtbarkeit des PDF mit dem Profil der Klägerin“ fest. Das Arbeitsgericht habe hier zwar richtig gewertet, „dass die Intensität der Rechtsverletzung marginal war“. Allerdings habe die weitere Abrufbarkeit des PDF-Profils den fehlerhaften Rückschluss zugelassen, die Professorin sei nach wie vor als Lehrende für die Beklagte tätig.

Das Gericht sah es als relevant an, welcher Art die anderen neun Einträge in den Suchergebnissen bei Google waren. Da die Klägerin nicht vorgetragen habe, von Dritten zu dem PDF-Profil kontaktiert worden zu sein, könne davon ausgegangen werden, „dass das bei Google auffindbare Suchsuchergebnis für Personen, die sich für die Klägerin interessierten und deshalb ihren Namen gegoogelt haben, eher uninteressant war“. Auch könne ausgeschlossen werden, dass das PDF-Profil zu vielen Aufrufen der Seite der Beklagten geführt habe. Ein Reputationsschaden der Klägerin sei, so das Gericht, „fernliegend“.

Was § 12a ArbGG betrifft, entschied das Landesarbeitsgericht, dass bei der Anwendbarkeit von § 12a ArbGG auf den Beseitigungsanspruch nicht um eine Ausgestaltung des Beseitigungsanspruchs handele. Da die DSGVO die Kosten des Beseitigungsanspruchs nicht regle, fänden die allgemeinen deutschen gesetzlichen Regeln aus § 12a ArbGG alleinige Anwendung.

Die Kammer urteilte außerdem, dass Art. 82 DSGVO nur den primären Schadensersatz hinsichtlich der immaterieller Schäden bzw. Persönlichkeitsrechtsverletzungen regle. Sekundäre Schäden wie Rechtsverfolgungskosten, seien „von der DSGVO nicht erfasst“ und richteten sich nach dem nationalen Recht.

Autor: Christian Solmecke, LL.M.

 

Anlass: Urteil des LAG Köln

 

Übersieht ein Arbeitgeber bei der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses, dass das Profil eines ehemaligen Arbeitnehmers weiterhin im Internet abrufbar ist, so handelt es sich um eine DSGVO-Verletzung, welche einen Schmerzensgeldanspruch auslösen kann. Ein neues Urteil des LAG Köln dürfte für alle Arbeitgeber mit eigener Homepage und alle Arbeitnehmer, die darauf auftauchen, interessant sein.

 

Sachbereich: D1 Fachspezifische Themen - Arbeitsrecht

 

Schlagwörter: Mitarbeiterdaten, Datenschutz, DSGVO, Internetprofil, Arbeitgeber, Datenschutzgrundverordnung

 

 

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Werbung mit fast völliger Virenentfernung aus Raumluft ist irreführend

Wenn in einer Werbung gesundheitsbezogene Wirkungsaussagen getätigt werden, müssen diese besonders strenge Anforderungen in Sachen Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit gerecht werden. Wissenschaftlich nicht abgesicherte oder generell nicht glaubhafte Aussagen, wie etwa, dass ein Desinfektionsmittel nahezu 100% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft entferne, gelten als unzuverlässig und irreführend.

Ausgangsfall

Der Hersteller eines Desinfektionsmittels warb mit der Aussage, dass das von ihm hergestellte und vertriebene Desinfektionsmittel, über die Luft als Spray ausgebracht, 99,99% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen entferne. Ein Mitbewerber hielt dies für eine unzulässige und irreführende Werbung und zog vor Gericht. Das Landgericht München1 teilte die Auffassung des Konkurrenten.

Eindruck der wissenschaftlichen Absicherung

Nach Auffassung des Gerichts stellte sich die Werbeaussage als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar, denn durch die Werbeaussage erwecke der Hersteller des Desinfektionsmittels beim Verbraucher den Eindruck, es sei wissenschaftlich abgesichert, dass das beworbene Produkt die Wirkung habe, 99,99% der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen zu entfernen.

Bei dieser Werbung handelt es sich um eine gesundheitsbezogene Wirkungsaussage. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sei die Frage, ob und wie Coronaviren aus der Raumluft und von Oberflächen entfernt werden können, eine der brennendsten und für die ganze Welt wichtigsten gesundheitlichen Fragen überhaupt.

Bei gesundheitsbezogenen Wirkungsaussagen, wie der Werbeaussage im vorliegenden Fall, seien daher besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen. Deshalb obliege der werbenden Firma die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Werbeaussage, ihr Produkt entferne 99,99 % der schädlichen Bakterien und Viren aus der gesamten Raumluft und von sämtlichen Oberflächen, wissenschaftlich abgesichert sei.

Diesen Anforderungen sei das Unternehmen im vorliegenden Verfahren jedoch nicht nachgekommen. Durch die vorgelegten Unterlagen des Unternehmens sei nicht glaubhaft gemacht, dass nach einer Verwendung des Spray-Desinfektionsmittels nahezu 100 % sämtlicher Viren und Bakterien aus der Raumluft oder von Oberflächen entfernt seien. Daher untersagte das Landgericht München I dem Hersteller, das Produkt weiterhin mit der beanstandeten Aussage zu bewerben.

 

1 Urteil des Landgerichts München I vom 07. September 2020 – 4 HK O 9484/20

 

Besprochen in RdW 2020, Heft 23/24, Randnummer 417.

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Internetkriminalität in Zeiten von Corona: Wie eine globale Pandemie das Verhalten aller verändert hat, einschließlich der Kriminellen

Jeder hat sich auf unterschiedliche Weise an die globale Pandemie angepasst. Für viele Menschen bedeutet dies, von zu Hause aus zu arbeiten oder sich an andere und vielleicht sogar neue Einschränkungen und Verfahren am Arbeitsplatz anzupassen. Die Pandemie und die damit verbundenen, teilweise landesweiten Lockdowns haben sich weltweit auf die digitale Wirtschaft, die regionalen Volkswirtschaften, die Industrie, die Unternehmen und das Verbraucherverhalten ausgewirkt. Mit diesen Veränderungen hat sich auch die Branche der Cyberkriminalität raffiniert und schnell auf die neuen Normalzustände eingestellt.

Veränderungen in Sachen Cyberkriminalität

Dies wirft nun die Frage auf, was sich in Sachen Cyberkriminalität im Gegensatz zum Vorjahr verändert hat. Wie signifikant war der Einfluss von COVID-19 auf die Bedrohungen im Cyberspace? LexisNexis Risk Solutions hat kürzlich den halbjährlich erscheinenden Cybercrime-Bericht veröffentlicht und dieser zeigt, dass die von Menschen initiierten Angriffe insgesamt zurückgegangen sind. Weltweit wurden insgesamt 22,5 Milliarden Transaktionen analysiert. Daraus geht hervor, dass sich die menschlichen, cyberkriminellen Angriffe um 33% verringert haben. In Deutschland sind diese tatsächlich um ganze 41% im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Wirft man allerdings einen Blick auf die Bot-Angriffe, ist ein Anstieg von 39% im Vergleich zum Vorjahr feststellbar.

Cyberkriminalität im Finanzsektor

Ein Sektor, der bei cyberkriminellen Aktivitäten deutlich an Beliebtheit gewonnen hat, ist der Finanzsektor. Bot-Angriffe in Verbindung mit Finanzdienstleistungen sind im Gegensatz zum Vorjahr um 38% gestiegen, wobei hier die USA und auch Großbritannien die Hauptquelle für solche Attacken waren. Transaktionen auf Mobilgeräten sind ebenso gestiegen. Im Vergleich zu 2015, als der Wert bei 20% der Transaktionen lag, waren es in der ersten Jahreshälfte von 2020 insgesamt 66% der Transaktionen, die über Mobilgeräte abgewickelt wurden.

Das Verbraucherverhalten hat sich, wie eingangs bereits erwähnt, während der landesweiten Lockdowns stark verändert. Die Nutzung von mobilen Geräten liegt stark im Trend, auch wenn man während der Pandemie vermutlich eine höhere Nutzung an Desktop-Geräten vermutet hätte, weil sich der Großteil der Bevölkerung in den eigenen Wohnräumen befindet und viele auch Ihr privates Zuhause zum Arbeitsplatz gemacht haben.

Insbesondere hat sich im Finanzdienstleistungssektor eine spannende Entwicklung in puncto Cyberattacken gezeigt. Während das Volumen an Bot-Angriffen erheblich gestiegen ist, sind die Angriffsraten bei Transaktionen mit Desktops, mobilen Apps und mobilen Browsern gegenüber dem Vorjahr gesunken. Dies ist insofern spannend, weil es gerade in der ersten Jahreshälfte von 2020 einen Anstieg bei der Erstellung neuer digitaler Benutzerkonten der Verbraucher gegeben hat. Die vermehrte Durchführung von Transaktionen im Mobil- und Onlinebereich hatte jedoch keine signifikante Auswirkung während der COVID-19-Krise auf die Anzahl an cyberkriminellen Bedrohungen. Ein möglicher Grund für die Verlagerung hin zu Bot-Angriffen könnte mit der Tatsache zu tun haben, dass während der Pandemie staatliche Hilfspakete stark ins Visier genommen wurden. Dies wiederum könnte dazu geführt haben, dass Betrüger ihre Ressourcen verschoben haben, um das Angriffsvolumen auf diese Schemata zu verlagern.

Vergleich weltweit

Im weltweiten Vergleich fällt die Rate an cyberkriminellen Attacken in der EMEA-Region erheblich niedriger aus. Interessant ist allerdings, dass trotz der vermehrten Nutzung von Mobilgeräten, Desktop-Geräte tatsächlich häufiger von cyberkriminellen Attacken betroffen sind.

Fazit

Cyberkriminelle haben sich mit den aktuellen Umständen weiterentwickelt und demnach ihre Attacken neu angepasst. LexisNexis Risk Solutions weist darauf hin, dass dies nur die Notwendigkeit für Unternehmen verstärkt, Wissen auszutauschen, um Betrüger zu identifizieren und zu blockieren. Oft geschehen Attacken im Internet auf sehr rasche und raffinierte Weise und bleiben von Verbrauchern unbemerkt. Hier ist es wichtig, vor allem aus Unternehmenssicht, einen vielschichtigen Ansatz zu verfolgen, der vollste Sicherheit im persönlichen- und beruflichen Umfeld bietet.

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Unter welchen Voraussetzungen sind mangelhaft begründete Disziplinarverfügungen heilbar?

Werden gegen einen Beamten Disziplinarmaßnahmen verhängt, muss dies in der Disziplinarverfügung begründet werden. Dies schreibt das Landesdisziplinargesetz vor. In einem aktuellen Urteil entschied jetzt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, unter welchen Voraussetzungen eine Begründung, die nicht den vorgeschriebenen Mindestinhalt hat, noch nachträglich ergänzt werden darf.

Ausgangsfall

Im entschiedenen Fall geht es um den Abteilungsleiter einer Stadtkämmerei. Nachdem 2013 in der Steuerabteilung Unstimmigkeiten bei der Veranlagung einer Spielhallenbetreiberin zur Gewerbesteuer aufgefallen war, kam es zu staatsanwaltlichen Ermittlungen. Im Strafverfahren kam schließlich das Landgericht zu dem Schluss, dass der Beamte die ihm persönlich bekannte Steuerschuldnerin „freigestellt“ hatte, um ihr finanziell Luft zu verschaffen. Das Landgericht verurteilte ihn deshalb wegen Untreue in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die weitere Konsequenz: die Entfernung des Beamten aus dem Dienst.

Im darauffolgenden Gerichtsstreit vor dem Verwaltungsgericht nahmen die Richter die Disziplinarverfügung unter die Lupe und wiesen die Stadt auf Begründungsmängel hin. Das Gesetz verlangt die Darstellung zum persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten; diese war unvollständig. Auch vermissten sie genauere Ausführungen zu weiteren Tatvorwürfen, etwa zur Unterschlagung von Barzahlungen, die die Stadt vorgebracht hatte.

Die Stadt lieferte daraufhin Hinweise nach. Diese wollte der Beamte, der in dienstlichen Beurteilungen überdurchschnittlich bewertet worden war und der mehrere Ehrenämter innehat, aber nicht gelten lassen und setzte sich vor dem VGH zur Wehr. Eine Heilung der ursprünglichen Verfügung sei nicht möglich, so sein Einwand. Der persönliche und berufliche Werdegang spiele in dem Verfahren eine maßgebliche Rolle. Ebenso könne die fehlerhafte Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht geheilt werden. Der Beamte beteuert, keine persönlichen Vorteile aus den Taten erlangt zu haben. Vor dem VGH drang er damit aber nicht durch.

Das Urteil

Der VGH machte zunächst deutlich, dass eine Heilung durch Nachholung einzelner Begründungsteile auch in einem Disziplinarverfahren „jedenfalls dann“ möglich ist, wenn es sich „nicht um einen schweren Formfehler handelt, der vorgeworfene Sachverhalt von vorneherein hinreichend abgegrenzt war, die Disziplinarverfügung nicht in ihrem Wesen verändert wird und die Verteidigungsmöglichkeiten des Beamten dadurch nicht beeinträchtigt werden“. Werde der Werdegang des Beamten zunächst nicht ausdrücklich aufgeführt, werde dadurch dessen Verteidigungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt – er sei ihm persönlich schließlich am ehesten bekannt, so der VGH.

Die Heilungsmöglichkeit mit Blick auf die zu unkonkreten Tatvorwürfe ließ der VGH dann allerdings offen. Hier stellte er darauf ab, dass der Beamte schon wegen seiner Untreuehandlungen mit der Entfernung aus dem Dienst rechnen musste: Wenn andere Dienstpflichtverletzungen, bei denen keine entsprechenden Formfehler bestehen, bereits die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigen, dann schlägt ein beachtlicher Begründungsmangel nicht auf die formelle Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung durch, so der VGH. Angesichts der Untreue kam es auf die weiteren Dienstvergehen danach gar nicht mehr an

 

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - Az. DL 1 S 1268/19

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Blitzer-Geräte-Rückruf: Tausende Bußgeldbescheide fehlerhaft?

Der Radarfallen-Hersteller Leivtec hat per Mitteilung eingestehen müssen, dass sein Laser-Messgerät Leivtec XV3 vorerst nicht mehr eingesetzt werden soll. Der Grund: fehlerhafte Messungen. Für geblitzte Autofahrer kann das bedeuten, dass Bußgelder nicht gezahlt werden müssen. Wie nun bekannt wurde, hat der Hersteller von Radarfallen sein Laser-Messgerät bei Polizei und Ordnungsämtern zurückgezogen, da es zu „unzulässigen Messwertabweichungen kommen“ könne, so der Hersteller selbst. Konkret geht es um den Blitzer Leivtec XV3 des gleichnamigen hessischen Herstellers Leivtec. Laut Hersteller sind derzeit einige Hundert (!) Geräte bundesweit im Einsatz.

Leivtec XV3 schon länger in der Kritik

Schon 2019 stand der Leivtec XV3 unter Verdacht, eine hohe Fehlerauffälligkeit aufzuweisen. Im letzten Jahr dann war nach Untersuchungen von Sachverständigen der Verdacht aufgekommen, dass es beim Gerät Leivtec XV3 mitunter zu falschen Geschwindigkeitswerten von bis zu 16 km/h kam.

Auch darauffolgende Ermittlungen bestätigten die Ergebnisse. DEKRA-Sachverständige hatten festgestellt, dass die gemessenen Geschwindigkeiten unter Umständen die zulässigen Werte von plus drei bis minus drei km/h überschreiten.

Im Test wurden zwei verschiedene Leivtec-Geräte in derselben Situation und am selben Fahrzeug genutzt. Das Ergebnis: Es gab deutliche Unterschiede bei der Messung der Geschwindigkeit. Diese lagen bei den Messungen, bei dem das Fahrzeug nicht über die gesamte Messentfernung vom Laser erfasst wurde, außerhalb der Verkehrsfehlergrenze und waren damit zu hoch. Darauf reagierte Leivtec im Dezember 2020 mit Änderungen an der sog. Auswertungsanweisung (Betriebsanleitung), indem man die Auswertekriterien verstärkte. Ein Zusammenhang zwischen den Abweichungen und dem Erfassen des Fahrzeugs wurde jedoch nicht hergeleitet, weshalb die Messfehler auch weiterhin auftreten konnten.

Ein Blitzer-Paukenschlag, den es so noch nie gegeben hat! Denn im Klartext heißt das nichts anderes, als dass Geblitzte zum Zeitpunkt der Messung möglicherweise überhaupt nicht zu schnell gefahren sind.

Leivtec musste Anfälligkeit für Messfehler eingestehen

Da es sich beim Leivtec XV3 um ein von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig zugelassenes Geschwindigkeitsmesssystem handelt, dürften viele Geblitzte – trotz Kenntnis der Gerichte um die Geräteproblematik – mit ihren Einwänden gegen den Bußgeldbeschied im wahrsten Sinne des Wortes „abgeblitzt“ sein. Das Problem oftmals: Da es sich bei dem Blitzer um ein zugelassenes Geschwindigkeitsmesssystem handelt, steht Hinweisen zu Fehlmessungen in der gelebten Praxis immer der mögliche Einwand des Bußgeldrichters gegenüber, es handele sich um ein „standardisiertes System“.  In diesen Fällen, so sehen es viele Richter, müssten sie in ihrer Funktion nicht jedem Zweifel an der Richtigkeit der Messung nachgehen und könnten darauf gerichtete Beweisanträge zurückweisen.

Nun aber erschien die Lage dann doch zu eindeutig. Daher konnten weder das PTB noch der Hersteller an ihrer bisherigen Sichtweise festhalten. Am 12. März 2021 ließ die PTB mitteilen, dass sie Kenntnisse über weitere Versuche von Sachverständigen erlangt habe, welche aufzeigten, dass es auch mit der neuen Auswertungsanweisung zu unzulässigen Messabweichungen kommen könne. Als Reaktion auf die Stellungnahme der PTB gab Leivtec daraufhin ein Schreiben an die Betreiber des Messgerätes heraus, in dem es heißt:

„Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass es auch bei Beachtung der Regeln der ergänzten Gebrauchsanweisung zu unzulässigen Messwertabweichungen kommen kann, möchten wir sie bitten, von weiteren amtlichen Messungen vorerst Abstand zu nehmen. Wir werden uns nach Veröffentlichung der finalen Prüfergebnisse der PTB unverzüglich wieder bei Ihnen melden. Wir sind uns der Tragweite unseres Schreibens bewusst, sehen jedoch in der Sache keine andere Entscheidungsoption, da es uns als Ihr seit vielen Jahrzehnten zuverlässiger und seriöser Partner darauf ankommt, den rechtssicheren Einsatz unserer Produkte im Verkehrsüberwachungsbereich unter allen Umständen zu gewährleisten.“

Zigtausende Autofahrer dürfen deshalb darauf hoffen, dass die Gerichte ihre Bußgeldbescheide kassieren werden. Daher sollten Geblitzte immer (!) ihre Bußgeldbescheide prüfen lassen und die Messwerte hinterfragen. Dies gilt nicht nur für den Leivtec XV3, sondern auch für andere Messgeräte.

Was gilt bei bereits abgeschlossenen Bußgeldverfahren?

Die Chancen, gegen einen Bußgeldbescheid vorzugehen, der bereits rechtskräftig geworden ist, sind zwar eher als gering einzustufen. Bei Bescheiden jedoch, bei denen ein Bußgeld von über 250 Euro verhängt wurde oder es ein Fahrverbot gab, kann die Wiederaufnahme in dem abgeschlossenen Verfahren beantragt werden.

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Ist Rufbereitschaft Arbeitszeit? EuGH: Nur bei „erheblicher Beeinträchtigung“

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10.11.2020, Az.: 1 BvR 3214/15, wurde die theoretische Möglichkeit für Sicherheitsbehörden des Bundes eingeschränkt, aus der Antiterrordatei mit spezieller Software Erkenntnisse auch für andere Verfahren aus dem Terrorismusbereich zu schöpfen. Nach den Entscheidungsgründen ist für einen derartigen Eingriff ein erhöhter Verdachtsgrad im Sinne eines „verdichteten Tatverdachts“ notwendig. Die aktuellen in § 6a Abs. 2 Satz 1 Antiterrordateigesetz (ATDG) geregelten Anforderungen genügen hierfür nicht. Gleichwohl bleibt der Entscheidung eine praktische Auswirkung versagt, da die Regelung aufgrund fehlender Softwarelösungen ohnehin bisher keine Anwendung finden konnte.

 

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FORCE - SEC GROUP SICHERHEITSDIENSTE